[zurück]
17.11.2004
01.11. Beim Abschied von Sonja und Hansruedi versprechen wir, in Kontakt zu bleiben. Sie kehren mit ihrem Mietfahrzeug nach Perth zurück und werden am 6. November nach Alice Springs fliegen, wo sie einen 4WD übernehmen. Vielleicht klappt es, dass wir einander nochmals treffen oder sogar eine kleinere Strecke miteinander reisen können.
Kalgoorlie-Boulder, Australiens „Golden City“ hat eine reiche faszinierende Geschichte. Der Reiz dieser Stadt ist eine Mischung aus einzigartigem Goldrausch der früheren Zeit und den erstaunlichen Fortschritten des modernen Bergbaus. In den Anfangsjahren (1893) gab es grosse Probleme mit extremer Trockenheit und Wasserarmut. Eine 1903 von Westen gelegte Pipeline löste die Trinkwassernot. Der heutige Gesamtwasserbedarf von Kalgoorlie-Boulder beträgt im Sommer täglich ca. 47 Mio. Liter. Die 26'000 Einwohner benötigen 47% (die Hälfte davon für Garten und Rasen), für Minen und industrielle Zwecke werden 36 % gebraucht. Im weltgrössten, über 5 km langen und 1.5 km breiten „Superpit“ werden im Tagbau jährlich 600000 Unzen Gold gefördert. Die Goldvorkommen sollen noch bis mindestens ins Jahr 2010 ausreichen.
Leider ist die historische Dampfbahn derzeit in Renovation und viele Touristen sind enttäuscht, dass deshalb keine Zugfahrten angeboten werden. Dafür ist es möglich an der „Brothel Tour“, einer witzigen Führung durch das offizielle Rotlicht-Milieu, teilzunehmen.
Die Reifen sind gewechselt, der Kühlschrank kann hier nicht repariert werden, weil der Vertreter keinen Temperaturfühler am Lager hat und die Lieferfrist von Queensland drei Tage beträgt. Die Wetterprognosen für die kommenden Tage sind nicht schlecht, obwohl für Uluru und Alice Springs Regen vorausgesagt wird. Dafür werden auch keine Temperaturen über 40°C erwartet. Wir beantragen die Bewilligungen für den Central Desert Highway und holen diese am Dienstag auf der Polizeistation in Laverton ab.
Auf dem Campingplatz wird allerlei erzählt: Jimmy aus Queensland kam hierher und wollte eine Woche bleiben. Inzwischen ist ein Jahr vergangen und er sucht noch immer in allen möglichen Richtungen nach Gold, offensichtlich mit Erfolg.
Dann gibt es zwei Burschen, die nur die Clips der Aluminiumdosen sammeln. Wir fragen uns, weshalb nicht die ganzen Dosen? Diese kleinen Clips bestehen aus einer Titan-, Silikon-, Kupfer-Legierung, welche zur Herstellung von Prothesen für Minengeschädigte Kinder eingeschmolzen werden. Ein thailändischer Arzt hat diese entwickelt und aus einem Kilogramm Clips können zwei Prothesen hergestellt werden. Superidee – auch wir spenden einige Clips.
In Laverton kann es im Sommer bis 52°C heiss werden und im Winter sind Temperaturen bis -10°C keine Seltenheit. Im kleinen Ort mit grossem Einzugsgebiet gibt es 18 Polizisten. Einige Leute sind fest davon überzeugt, dass der Central Desert Highway in wenigen Jahren geteert sein und so die dritte Verbindung zum Staat Western Australia darstellen wird.
03.11. Die heutige Etappe ist noch kurz. Wir starten um 08.15 Uhr und erreichen um 13.30 Uhr, nach 315 km, das erst im Jahre 1995 erstellte Tjukayirla Roadhouse. Die Tanksäulen sind wegen der Benzinschnüffler vergittert. Der Campingplatz ist sehr schmutzig und im Abwaschbecken hat es haufenweise eingelegte Käfer, Motten und Heuschrecken. Igitt. Auf die Toilette muss man ab und zu, das Duschen verschieben wir auf weiteres…
Die Campinggäste fahren alle einen Buschcamper und sind: Ein Deutscher: Sven; ein Österreicher Paar: Ingrid & Harry; wir zwei Schweizer. Wir verbringen einen gemütlichen Abend bei Tee und Guetzli.
Obwohl uns bisher viele Leute gesagt haben die Strecke biete nichts gefällt es uns sehr gut. Es gibt immer noch Wildblumen; gelbe, violette, weisse, lila Mulla mulla, die zur roten Erde kontrastieren. Ja wir entdecken sogar eine der selteneren „Sturt’s Desert Peas“, die fast mitten auf der Strasse wächst. Wir sehen in der Wüste jede Menge Tiere; vom Känguru über Emus, Vögel, eine Schlange und Echsen bis zu wilden Kamelen. Die vielen Autowracks (etwa eines auf 10 km, manchmal fünf an der gleichen „Ecke“) und Autoteile auf und neben der Strasse sind allerdings ein weniger schöner Anblick.
Nachdem es gestern noch etwa 36°C warm war ist es heute kaum über 20.
04.11. Weil uns verschiedentlich davon abgeraten wurde in Warburten zu übernachten, weil Aborigines dort untereinander Probleme haben sollen, fahren wir bis Warakurna. Wir müssen sehr früh los (06.00 Uhr), denn zur langen Wegstrecke (485 km Naturstrasse – Zustand nicht genau bekannt) kommt noch die 1 1/2stündige Zeitverschiebung, weil das Roadhouse, obwohl es noch in Western Australia liegt, bereits Northern Territory-Zeit hat und um 18.00 Uhr schliesst..
Der Polizist in Laverton hatte uns versichert es gebe regen Verkehr zwischen den Roadhäusern und pro Tag passierten etwa 100 Fahrzeuge die Strecke. Wir begegnen auf den 1150 Kilometern gerade Mal acht Autos.
Warburton ist die isolierteste Gemeinde Western Australias und Touristen haben keinen Zutritt. Dies hat vor allem damit zu tun, dass die Leute draussen leben: Essen, schlafen, alles spielt sich in der Natur ab. Leider bleiben auch das ganze gebrauchte Zeugs und der Abfall einfach liegen, was nicht gerade ein schöner Anblick ist. Wir hatten uns in Boroloola einmal verfahren und können uns in etwa vorstellen, was uns in einem Einheimischendorf erwarten würde.
Wir besuchen die Tjulyuru-Gallerie, wo über zwanzig Malereien von Aboriginal Künstlern ausgestellt sind. Fotografieren ist, wie überall in den Aboriginal Gemeinden, verboten. Die Dame vom Besucherzentrum erklärt uns die Bedeutung verschiedener Gemälde, wovon jedes eine eigene persönliche Geschichte des Künstlers erzählt. Und gerade eben weil diese so persönlich ist, bleibt dem Betrachter so vieles verborgen. Männer malen oft, was mit geheimen Zeremonien zu tun hat und darüber wissen nicht einmal diejenigen Weissen Bescheid, welche eng mit den Aborigines zusammenarbeiten.
Vor zwei Wochen war es in Warburten noch 48°C, heute zum Glück nur etwa 25°C.
Ein Phänomen in der Wüste sind die Luftspiegelungen, welche einem Wasser auf der Strasse vorgaukeln und dann wieder verschwinden, wenn man näher kommt. In dieser Region gibt es gar kein Oberflächenwasser und deshalb auch nicht viele Tiere. Die wenigen „Rockholes“, wo es früher noch Wasser hatte, sind im Moment fast alle ausgetrocknet.
Nach genau 8 Stunden Reisezeit erreichen wir das sehr gepflegte Warakurna Roadhouse. Von dort sind es 450 km bis ins nächste Pub! (In vielen Aboriginal Gebieten ist es verboten Alkohol zu verkaufen und zu konsumieren.)
05.11. Um 08.45 Uhr (Greenwich-Zeit 23.15) werden in den Wetterstationen ganz Australiens Wetterballone gestartet. Wir besuchen die „Giles Weather Station“ (598 müM) wenige Kilometer vom Roadhouse entfernt, wohnen einem Ballonstart bei und lassen uns erklären, was in einer Wetterstation so alles gemessen wird. Der 800 g leichte Ballon ist ausgerüstet mit einem Radar-Reflektor sowie einem Kästchen mit Temperatur-, Druck- und Feuchtigkeitsmesser und ist ausgestattet mit einem Sender. Der $ 140.00 teure Ballon steigt mit einer konstanten Geschwindigkeit von 300 m’/Minute bis auf 30 – 35 km Höhe, wo er dann zerplatzt. Die Daten der Australienweit 52 Meteostationen werden nach Melbourne gesandt, dort in den Computer eingespeist, ausgewertet und als Grundlage für die Wetterprognosen verwendet.
Der Central Desert Highway ist die einsamste Strecke, die wir je gefahren sind. Unterwegs sehen wir nochmals eine Kamelherde und wir haben in der Wetterstation auch erfahren, dass die Kamele als Plage gelten weil es davon viel zu viele gibt und sie den Kängurus das lebensnotwendige Wasser wegtrinken. Deshalb sind die einheimischen Tiere in dieser Gegend vom Aussterben bedroht.
Das Gebiet um Docker River mit der Bergkette „Schwerin Mural Crescent“ und der „Petermans Range“ ist eindrücklich und wunderschön. Wüsteneichen sind anspruchslose Bäume und haben die Fähigkeit in diesem rauen Klima zu bestehen. Sie besitzen Blätter, die wie Nadeln aussehen sind und durch ihre spezielle Beschaffenheit sehr wenig Wasser verdunsten.
Die „Olgas“ leuchten schon von weitem wie lila Kuppen im Sonnenlicht. Etwa zwei Kilometer vor dem Eingang zum Uluru-Kata Tjuta Nationalpark finden wir zusammen mit Sven etwas abgelegen von der kaum befahrenen Naturstrasse eine ideale Stelle zum Campieren.
Am nächsten Morgen wandern wir in den Olgas, welche durch 36 imposante Kuppen geformt sind und für uns eine grössere Faszination darstellen als der Ayers Rock, miteinander durchs „Valley of the winds“.
Nach der friedlichen Einsamkeit im Outback ist das touristische Treiben rund um die Olgas (Kata Tjuta) und den Ayers Rock (Uluru), den 348 m hohen, ziemlich kahlen Felsen, beinahe ein Schock. Der Uluru ist der zweitgrösste und bekannteste Monolith Australiens. Die Leuchtkraft der Abendsonne ist so intensiv, dass er richtig rot glüht.
Am Sonntagvormittag wandern wir rund um den Uluru, eine der für die Aborigines spirituell wichtigen Stätten. Sie betrachten den rund 600 Millionen Jahre alten Felsen als ihr kulturelles Eigentum. Erst im Jahre 1985 wurde der 1325 km2 grosse Nationalpark mit dem „Ayers Rock“ und den „Olgas“ den Aborigines zurückgegeben, welche diesen dann für 99 Jahre dem Direktor des Australian Nationalpark- und Wildlife-Service verliehen haben.
Von den ursprünglich 2000 in Mutitjulu lebenden Anagu-Aborigines sind nur noch deren 150 im nahe beim Uluru gelegenen Dorf, für die restlichen hat der Felsen seine Magie verloren und sie haben den Ort verlassen.
Wie kompliziert und schwer die Aboriginal-Kultur zu verstehen ist mag folgende Abschrift aus dem Kulturzentrum des Uluru-Kata Tjuta Nationalparks veranschaulichen:
Zuhören und Lernen
„Willkommen im Land der Aborigines; sehen und verstehen sie Tjukurpa. Schauen sie zu und lernen sie.“ (Barbara Tjikatu)
Tjukurpa ist sehr wichtig, denn es bildet die Grundlage des sozialen, religiösen, rechtlichen und ethischen Systems der Anagu-Kultur. (Anagu = Aborigines Stamm)
Tjukurpa erzählt aus der Schöpfungszeit und erklärt, wie die physikalischen Gegenstände entstanden. Es lehrt uns auch wie wir uns anderen gegenüber verhalten sollten und wie und warum Ereignisse geschehen.
Tjukurpa ist sehr komplex und gemäss unserem Gesetz können wir nur einige der Aspekte mit Besuchern im Uluru-Kata Tjuta Nationalpark teilen.
In anderen Beschreibungen gehen diese vagen Erklärungen weiter und eigentlich ist es so, dass die Aborigines der Meinung sind, ihre Lebensweise gehe andere gar nichts an.
Gemeinsam mit Sven kochen wir das Sonntagsmenü. Es ist zugleich ein Abschiedsessen, denn er wird morgen alleine durch die Wüste zurück nach Western Australien fahren.
Am Montag ist bereits um 04.15 Uhr Tagwache: Ohne Frühstück den Sonnenaufgang am Uluru betrachten, dann den Berg besteigen. Es ist anstrengend, jedoch einmalig, rundum dieses unendlich weite Buschland mit den vereinzelt dastehenden Bergen zu betrachten. Gut vier Stunden später kommen wir endlich zu unserem noch nie so schwer verdienten Zmorge. Ursprünglich wollten wir der Bitte der Aborigines, den Stein nicht zu betreten, nachkommen. Doch in der Zwischenzeit haben wir unsere Meinung ohne schlechtes Gewissen revidiert.
Beim Curtin Springs Roadhouse darf man gratis campieren und wir benutzen diese Gelegenheit. Gegen Abend treffen viele Camper ein, darunter drei deutsche Mädchen, die aus Versehen ihren einzigen Schlüssel im Auto einschliessen. Ein bisschen ratlos fragen sie Peter um Hilfe. Ich finde in der Feuerstelle einen passenden Draht und Peter öffnet das alte Fahrzeug in Sekundenschnelle. Ein verblüfftes Dankeschön folgt und kurze Zeit später auch noch ein eisgekühlter Sekt. Wir trinken ihn gleich gemeinsam am Lagerfeuer mit den dreien.
In der Nacht regnet es zeitweise leicht und in der Ferne sehen wir heftige Gewitter. Am Dienstag ist der Himmel zwar bedeckt, doch die Temperatur ist angenehm warm. Wir sind sehr glücklich über das momentane Wetter, ist es doch in dieser Jahreszeit manchmal schon bis 20° wärmer.
Auf dem Weg nach Kings Canyon gibt es keine Sehenswürdigkeiten, wenn wir den Mt. Conner nicht als solche bezeichnen, deshalb spähen wir nach wilden Tieren. Dieser Berg ist älter als der Uluru und in Privatbesitz des Curtin Springs Roadhouse, wollte man ihn besteigen müsste man den Eigner um Erlaubnis bitten. Mt. Conner, Uluru (Ayers Rock) und Kata Tjuta (Olgas) liegen genau in einer Linie.
Um 09.50 Uhr stoppen wir kurz um den 400’000sten Kilometer unseres Toyota Landcruiser zu „feiern“. Ausser einem Kamel und verschiedenen Vögeln läuft uns heute nichts weiter über den Weg.
Im Kings Canyon Resort treffen wir uns am Dienstagabend nochmals mit Hansruedi und Sonja. Nachdem ihr Auto wieder sauber ist müssen sie vor dem Nachtessen noch schnell einen platten Reifen wechseln, so ein Pech. Am nächsten Morgen erfolgt zuerst die Reparatur und dann machen wir uns auf, den Kings Canyon zu erforschen. Zusammen mit Sonja und Hansruedi ist das Wandern sehr kurzweilig und leider müssen wir uns am Mittag bereits wieder von den beiden Frohnaturen verabschieden, denn wir reisen in entgegen gesetzten Richtungen weiter.
11.11. Für $ 2.20 erhalten wir die Bewilligung zum Durchqueren des „Haast Bluff Aboriginal Land Trust“ auf dem Mereenie Loop. Hier gibt es noch ganz viele wilde Pferde. Die Strasse ist eine raue steinige Wellblechpiste und wir werden richtig durchgeschüttelt, schlimmer sind dann nur noch die 21 km ins Palm Valley, für die wir eine ganze Stunde benötigen. Weil es sehr heiss ist und auch meine Wanderschuhe diese Hitze nicht ertragen (sie fallen aus dem Leim!), wandern wir nur den kurzen Rundweg.
Im Aboriginal Dorf Hermannsburg kostet der Campingplatz inkl. Strom nur gerade $ 11.--. Die Waschmaschine ist (noch) gratis und anstatt eines gewöhnlichen Kühlschranks finden wir einen Eisschrank. Trotzdem übernachtet fast niemand hier.
Hermannsburg ist ein altes Missionsstädtchen, das 1877 gegründet wurde. Im Laufe der 10jährigen missionarischen Tätigkeit wurde gerade ein Ureinwohner zum Christentum bekehrt. Heute wird der alte Stadtteil mit dem kleinen Kirchlein liebevoll renoviert und den Touristen gegen ein Entgelt zugänglich gemacht.
12.11. Der West Macdonnell Nationalpark besitzt grüne Hügel mit natürlichen Steinmauern und viele malerische Schluchten mit einladenden Wasserbecken. In der bekannten „Ormiston Gorge“ wandern wir den „Ghost Gum Walk“ und baden im Pool, der ganzjährig Wasser hat. Auf dem Campingplatz ist es wunderbar ruhig, nur die ver(w)irrten Heuschrecken haben es wieder einmal auf uns abgesehen… Der Teich im Ellery Creek ist Peters bevorzugter Ort und hier sehen wir auch zum ersten Mal ein Felskänguru (black footed rock wallaby). Es springt so behände von Fels zu Fels, dass wir mit staunen fast nicht nachkommen und mit fotografieren schon gar nicht.
In Standley Chasm bescheint die Sonne die Felseinschnitte genau am Mittag so, dass sie beidseitig golden leuchten. Das ist zwar einmalig schön, rechtfertigt jedoch die happige Eintrittsgebühr von $ 6.50 pro Person trotzdem nicht. Nach dem kurzen Abstecher zu „Simpsons Gap“, der letzten Sehenswürdigkeit der „West MacDonnell Ranges“, fahren wir nach Alice Springs und richten uns für zwei Tage auf dem Campingplatz ein.
Alice Springs hat 25’000 Einwohner und etwa 25 % sind Aborigines. Früher gab es nur wenig Ureinwohner in der Stadt, weil diese doch traditionellerweise „im Busch“ leben. Seit den Problemen mit Alkohol haben sich viele Aboriginal-Gemeinden selbst ein absolutes Alkoholkonsum-Verbot auferlegt und verstossen Unbelehrbare aus ihrer Gemeinde. Deshalb siedeln dann alkoholabhängige Leute in der Stadt an, wo Kauf und Konsum legal sind. In der Nacht hören wir sie denn auch oft laut herumschreien und wir sehen die Folgen von offenbar nicht sehr zimperlichen Schlägereien. Peters Statistik ergibt: Drei von Zehn Männern (jeden Alters) sind sichtbar verletzt - tragisch!
Als wir am Abend von der 300 Meter entfernten Telefonzelle zum Campingplatz zurückgehen sieht Peter die Gelegenheit, einmal mit einem Aborigine zu sprechen. Er geht sofort auf ihn zu, als er gerufen wird und stellt bald fest, dass der 16jährige Hilfe sucht. Er begleitet uns zwar, jammert aber die ganze Zeit, er habe grosse Schmerzen. Ein eifersüchtiger Mann habe ihn mit einem Stein auf Kiefer und Hals geschlagen und das schmerze fürchterlich. Er bittet uns, den Notfalldienst anzurufen, damit ihn ein Polizeiauto abhole und zum Untersuch ins Spital bringe. Zwar sind wir im Moment ein bisschen ratlos, doch ich rufe trotzdem „000“ an und erkläre die Geschichte. Die Dame bei der Ambulanz ist sehr freundlich, fragt nach dem Namen des Jungen und nach seinen Verletzungen. Name? Bruce Campbell. Blutet er? Nein. Hat er eine Wunde? Nein. Sichtbare Verletzungen? Nur geschwollen. Es wird uns versichert, dass eine Ambulanz auf dem Weg zum Caravanpark sei und wir teilen dem Burschen mit, er solle an der Strasse warten. Danach entfernen wir uns, sind aber irgendwie neugierig, ob das tatsächlich klappt und vor allem auch, ob wir uns richtig verhalten haben. Wir gehen also nochmals zum Eingang zurück und sehen schon das Notfallfahrzeug anhalten. Auf unsere Frage nach der richtigen Vorgehensweise versichert uns die Fahrerin, dass wir absolut richtig gehandelt hätten und bedankt sich sogar noch. Im Fahrzeug wird derweil der Verletzte bereits gründlich untersucht. Gut zu wissen, dass hier alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, gleich behandelt werden.
9
Für den Besuch der „East MacDonnell Ranges“ nehmen wir uns zwei Tage Zeit. Die Schluchten sind zwar schön, begeistern uns jedoch im Moment nicht mehr besonders. Zu viele davon haben wir in der letzten Zeit gesehen. Trotzdem wandern wir noch durch die bekannteste der östlichen Bergkette, „Trephina Gorge“, und erleiden in der Mittagshitze beinahe einen Sonnenstich. In der Kühle des frühen Mittwochmorgens erhält Arltunga, eine verlassene Goldgräberstadt aus den frühen Siedlerzeiten, unsere volle Aufmerksamkeit. 1887 wurde Gold gefunden und Arltunga hatte zu seiner Blütezeit mehr Einwohner als das damalige Stuart (heute Alice Springs). Wir besuchen die Ruinen alter Häuser, die restaurierte Polizeistation mit dem Gefängnis und steigen sogar durch den Schacht in eine alte Goldmine hinunter. In der Joker Gorge sehen wir ausser den Ruinen zwei schwarzfüssige Felskängurus, die jedoch sofort das Weite suchen, als wir uns nähern. Mit der Besichtigung des „Crossroads“ Friedhofs mit acht namenlosen Gräbern und nur einem mit Grabstein beschliessen wir unsere Tour durch die Vergangenheit und fahren über die malerische Naturstrasse „Arltunga Tourist Drive“ im Norden nach Alice Springs zurück.
30.11.2004
In Alice Springs buchen wir endlich unsere Rückreise in die Schweiz. Vor der definitiven Heimkehr via Dubai nach Zürich werden wir für eine Woche nach Fiji und für zwei Wochen nach Thailand fliegen.
Weil wir unsere Reiseroute ein wenig verändert und Alice Springs vorgezogen haben, werden wir dann im März, nach dem Besuch von Tasmanien, via Snowy Mountains und Canberra nach Sydney zurückkehren.
20.11. Richtung Süden fahrend machen wir einen Abstecher ins Rainbow Valley. Diese über Jahrmillionen entstandenen verschiedenfarbenen Felsformationen lassen uns staunen, obwohl sie erst in der winterlichen Abendsonne ihre volle Pracht entfalten.
Auf dem Stuart Highway begegnen wir einigen Roadtrains, deren Anhänger manchmal fürchterlich schlingern. Es hat auch wieder vermehrt Känguru-Kadaver am Strassenrand, die vor allem von nachts fahrenden Roadtrains erwischt werden. Wir haben uns oft gefragt, weshalb diese überhaupt nachts unterwegs sind und nicht tagsüber, was doch viel einfacher wäre. Die Antwort gibt uns eine einheimische „Lady“: In der Kühle der Nacht wird das Fahrzeug geschont (vor allem der Motor) und der Dieselverbrauch ist viel kleiner als in der nachmittäglichen Hitze.
Wir campieren beim Kulgera Roadhouse, dem ersten und letzten Hotel/Pub im Northern Territory und am nächsten Morgen um 07.45 halten wir bereits an der Grenze zu South Australia, wo wir unsere Uhren eine weitere Stunde vorrücken. Der Zeitunterschied zur Schweiz beträgt jetzt + 9 ½ Stunden (Mitternacht in der Schweiz = 09.30 morgens bei uns).
Tote Tiere am Strassenrand ziehen auch immer die Raubvögel an und wir sehen viele stattliche Adler, die sich (unfreiwillig) mit den riesigen Raben die Mahlzeit teilen.
Nach zwei für uns langen Tagesetappen von 330 und 400 Kilometern erreichen wir Coober Pedy. Wir versuchen Bev, deren Telefonnummer wir unterwegs von ihrer Schwester erhalten hatten, zu erreichen. Doch am Sonntag haben wir kein Glück und buchen deshalb einen Platz zum Campieren beim Opal Inn Camping. Wir schauen uns ein wenig im Ort um und in der katholischen Untergrundkirche „St Peter & Paul“ spüren wir die angenehme Kühle, die in den Untergrundhäusern der Stadt herrscht.
Am Montag beantwortet Bev unseren Telefonanruf und beim Treffen, das nur zehn Minuten später erfolgt, lädt sie uns spontan ein, bei ihr im „Dugout“ zu übernachten. Als Anfang nehmen wir mit ihr gleich an einer Führung durch „Tom’s Working Mine“ teil. Nach dem Lunch zeigt sie uns ein paar interessante Sachen in der Stadt und am Abend lädt sie uns zu einem leckeren Nachtessen beim „Griechen“ ein.
Coober Pedy ist nicht eine wirklich schöne, aber ganz faszinierende Stadt. Ungefähr 60 % der Leute sind Europäer, welche nach dem 2. Weltkrieg aus Süd- und Osteuropa ausgewandert sind. Insgesamt leben mehr als 45 verschiedene Nationalitäten im Ort. Als weltweit grösster Opal-Produzent gilt Coober Pedy als Opal Hauptstadt der Welt. Sie erzeugt zusammen mit Mintabie und Andamooka 85 % der weltweiten Opalmenge. Wenn wir mit Bev sprechen spüren wir förmlich das Opalfieber, von welchem viele noch heute besessen sind. Über fünfzig Prozent der ca. 3'500 Einwohner leben in so genannten Dugouts, Untergrundhäusern, die in die zahlreichen Sandsteinhügel gegraben werden. Früher wurde dies von Hand gemacht, doch heute gibt es Tunnelmaschinen, mit denen innert kurzer Zeit eine ganze Wohnung „abgebaut“ werden kann. Benötigt man ein zusätzliches Zimmer – nichts leichter als das, einfach graben. Der Sandstein ist so stabil und bröckelt nicht, dass auch für grosse Räume keine Stützbalken benötigt werden. Aber Achtung: schon manch einer ist in des Nachbars Garderobe herausgekommen und musste dann eine Wand aufmauern. Das Klima ist mit einer konstanten Temperatur von 23 – 25°C sehr angenehm, auch bei Aussentemperaturen von 40°C, und obwohl viele der Räume ganz ohne Tageslicht und teilweise ohne Belüftungsschächte sind riecht es nicht muffig oder abgestanden.
Am Dienstag erleben wir dann eine private Tour in und um Coober Pedy: Der 18 Loch Golfkurs ist ganz speziell, hat es doch absolut kein „Grün“. Das so genannte „Green“ ist schwarz und viele der vereinzelten Büschchen sind furchtbar stachelig, also ja keinen Ball da reinhauen! Nichts desto trotz ist der Golfkurs sehr bekannt und viele berühmte in- und ausländische Golfspieler haben ihn schon mit ihrem Besuch beehrt. In der Untergrund „Catacomb Church“ zeigt uns Bev auch die angrenzenden Räume und wir besuchen das „TAFE“ wo verschiede Opal Schleifkurse zum Erreichen von Zertifikaten Nr. 1 – 4 durchgeführt werden. Dann fährt sie mit uns zur Schule, wo eine der zwei einzigen Rasenflächen der Stadt liegen, sie führt uns zum Friedhof, wo dieser eigenartige „Grabstein“ (Bild) steht und zeigt uns das Windrad, welches 4 % des Energiebedarfs der Stadt liefert. Das Kraftwerk selbst besteht aus vier Dieselgetriebenen Motoren und produziert den Hauptanteil von 96 %. Wir besichtigen zwei weitere Dugouts, fahren mit dem Ford Falcon (2rad betriebener PW mit wenig Bodenfreiheit) durch die Opalfelder und suchen auf den Hügeln nach Opalen – man nennt dieses Wühlen von Hand „Noodling“. Danach bringt uns Bev über die raue Naturstrasse zu den Breakaways, einer Felsformation wie im Rainbow Valley und zur Mondlandschaft wo normalerweise nur schwarze Steine liegen und keine Vegetation vorkommt (ausser wenn es kurz vorher geregnet hat). Zurück geht es via die 35 km von der Stadt entfernte Wasserfassung aus dem riesigen artesischen Bassin, wo wir ein weiteres Mal um das „Wohlergehen“ des schwer geprüften Autos bangen.
Heute Abend kochen wir für Bev, schauen gemeinsam einen Videofilm über Coober Pedy an und verbringen zusammen einen sehr gemütlichen Abend. Der Abschied am Mittwoch fällt uns nicht leicht und wir bitten Bev, uns so bald als möglich in der Schweiz zu besuchen.
Über William Creek, einer Station an der alten Ghan-Bahnlinie, die Strangway Springs, Ruinen einer Telegrafen Station und Curdimurka, einer ausgedienten Bahnstation, fahren wir auf dem Oodnadatta Track Richtung Marree. Diese Orte liegen innerhalb der 23'777 Quadratkilometer grossen „Anna Creek Cattle Station“, der grössten Viehfarm der Welt (etwa 58 % der Gesamtfläche der Schweiz). Zirka Siebzig Kilometer vor unserem Tagesziel steht ein Miet-Campervan ein wenig komisch am Strassenrand. Wir fragen nach dem Problem: Sie haben den Öltank an einem Stein aufgeschlitzt und alles Motorenöl verloren. Uups, so gibt es kein Weiterkommen. Wir schleppen das junge Tschechenpärchen ab und denken, dass es in Marree eine Garage gibt. Doch weit gefehlt, Treibstoff kriegt man, aber ein Mechaniker ist nicht zur Hand. Also übernachten wir erst einmal und trinken einen auf den Schreck.
25.11. Um viertel nach acht sind wir bereits unterwegs nach Leigh Creek, immer noch mit Lucy und David am Haken. Gestern 70 und heute 114 km schleppen wir die beiden über den steinigen Oodnadatta Track – nicht gerade das, was man sich auf einer Ferienreise so wünscht. Mit 60 - 70 kmh kommen wir trotzdem zügig voran und die beiden sind glücklich, dass wir sie bis zur nächsten Garage ziehen. Denn es ist mit dem gemieteten Fahrzeug verboten auf Naturstrassen zu fahren. Nachdem wir die zwei in Copley verabschiedet haben treffen wir kurz darauf fünf französische Touristen, die soeben ein Rad gewechselt haben und keine Hilfe mehr benötigen. Statt liegen gebliebene Fahrzeuge möchten wir nun eigentlich lieber ein paar wilde Tiere sehen, doch der nächste Pechvogel wartet schon: ihm ist das Benzin ausgegangen und wir sollen für ihn im 12 km östlich gelegenen Iga Warta eine Notiz abgeben. Nichts leichter als das, wir werden dafür sogar noch mit einem Gratis-Getränk belohnt.
Im privaten Arkaroola-Mt. Painter Sanctuary laufen und hüpfen uns kurz hintereinander ein Emu und einige Felskängurus über den Weg als wir zum „Nooldoonooldoona Waterhole“ fahren – soviel zum heute bisher vermissten Wild.
26.11. Freitag. Den anspruchsvollen 4WD Echo Camp Backtrack lassen wir aus, denn unser hoher Buschcamper ist nicht wirklich geeignet für so steile Auf-/Ab- und Schrägfahrten. Diesen Entschluss fassen wir, nachdem uns ein erfahrener „Offroader“ schwerstens davon abgeraten hat. Wir wollen doch mit unserem Fahrzeug noch einige Kilometer zurücklegen und fahren deshalb zur besser zugänglichen Barraranna Gorge. Felskänguru Nr. 1, 2 und 3 bringen sich fluchtartig in Sicherheit vor unserem Fahrzeug und den Kameras. Das neugierige Känguru Nr. 4 treffen wir auf der Wanderung in die Schlucht. Im ersten Moment hüpft es von uns weg und versteckt sich hinter einem Baum, um nur kurz darauf zurückzukommen und sich wenige Meter vor uns auf den Felsen aufzurichten. Das fünfte wartet geduldig, als wir es hinter einem Stein überraschen und das sechste verschwindet, von uns kaum wahrgenommen, hoch oben in den Büschen. Heute ist ein richtiger „Wildlife“-Tag und ausser vielen weiteren Kängurus laufen uns noch ein paar Emus über den Weg. Diese dummen Viecher wissen jeweils nicht was tun, wenn ein Auto kommt. Erst laufen sie auf der Strasse Zickzack um dann auf die rechte Seite und Sekunden später auf die linke zu wechseln. So manch eines hat dabei schon sein Leben gelassen.
Es ist genau Mittag, als wir die „Chinesische Mauer“ erreichen und leider zu heiss um den Hügel hinaufzuklettern, deshalb begnügen wir uns mit etwas dürftigeren Fotos von dieser interessanten Sehenswürdigkeit.
27.11. Flinders Ranges, Wilpuna. Obwohl wir die sechsstündige harte Wanderung auf den St. Mary Peak bereits um 05.55 Uhr in der Kühle starten wird es schon Minuten später recht warm. Die zwei Mal 7.6 Kilometer sind vor allem auf etwa zwei Kilometern, wo es über Felsen und Steinbrocken zu klettern gilt, sehr strapaziös. Nach zwei dreiviertel Stunden erreichen wir den Gipfel. Die Panoramasicht ist phänomenal und die verschiedenen Bergketten, vor Jahrmillionen in den verschiedenen Zeitaltern entstanden, heben sich durch die unterschiedlichen Gesteinsmassen gut sichtbar voneinander ab. Auf dem Rückweg ist es dann heiss und als wir kurz nach zwölf Uhr auf dem Campingplatz ankommen zeigt das Thermometer 40°C – kein Wunder dass wir jetzt herumhängen wie tote Fliegen …
28.11. Port Augusta liegt am Spencer Golf und gilt als Strassenkreuz Australiens. Hier treffen sich die Hauptstrassen, die in den Osten, Westen und Norden des Kontinents führen. Wir werden uns dann auf der Rückreise von der Eyre Peninsula näher mit der Stadt befassen. Den Abend verplaudern wir mit Patty und Peter, einem Schweizer Paar, das noch fünf Monate Ferien vor sich hat. Sie stehen ganz am Anfang ihrer Reise und wir geben ihnen ein paar Tipps über Ayers Rock, Alice Springs und die Ostküste.
Montag. Zwei Ordner voll Fotos beschriften und das Tagebuch nachführen sind heute meine Aufgaben. Peter fährt derweil in die Stadt und will den zweiten Ersatzreifen verkaufen. Stattdessen findet er ein Geschäft, das ihm ein Fahrrad und eine dazu passende Halterung anbieten kann. Wir schauen uns das Velo gemeinsam an und finden den Preis ganz akzeptabel. Weniger als Fr. 500.-- für ein Raleigh MTB mit allem notwendigen Zubehör, schmaleren Reifen, dickeren Schläuchen und einem speziellen Dichtungsmittel gegen Löcher durch die überall herumliegenden spitzen trockenen Früchte eines Baumes. Dann sind auch noch ein Fahrradträger, welcher am Ersatzreifen befestigt wird und ein neuer Helm inbegriffen.
30.11. Bei bedecktem Himmel und demzufolge sehr angenehmen Temperaturen fahren wir auf dem Eyre Hyghway bis nach Streaky Bay um in den kommenden Tagen die Eyre Halbinsel zu erkunden. In Minnipa besuchen wir den Pildappa Rock, einen isolierten Granit-Inselberg, der 5 km tief in den Boden hineinragt. Die spektakulären wellenartigen Formationen sollen den „Wave Rock“ in Western Australia konkurrenzieren. Bis kurz vor Streaky Bay fahren wir immer noch mit offenen Fenstern, doch als wir aussteigen sind plötzlich lange Hosen und warme Jacken gefragt, aber es bleibt zumindest trocken.