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2008/2009
Argentinien, Chile

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04.11. - 28.11.2008

04.11.2008 - Punta Flecha - Puerto Madryn - Chacra de Telsen
180 Kilometer nichts als trockene Pampa, Schlangen und Gürteltiere. Erst kurz vor Telsen wird es grün, die hohen Pappeln deuten auf einen Fluss hin und zusammen mit den farbigen Bergen ist das Landschaftsbild eine Freude für das Auge. Kein Wunder also, dass Calderóns 79jährige Frau Mafalda uns erklärt, ihre Wohnung in Puerto Madryn sei eines, aber was sie hier in der Natur erlebe sei von Gott und eine Wohltat für die Seele. Sogar UFO’s könne man hier sehen und die Sterne seien viel näher als anderswo. Das mit den UFO’s können wir leider nicht bestätigen - vielleicht sind wir zu früh ins Bett geschlüpft, oder die Ausserirdischen haben sich vor uns gefürchtet. Den Sternenhimmel sehen wir wegen einer Wolkendecke leider auch nur teilweise, aber dass es himmlisch ist, sich an einen solchen Ort zurückziehen zu können ist unbestritten. So macht es auch nichts aus, dass in der Hütte kaum eine Heizmöglichkeit besteht und es weder Strom noch fliessendes Wasser gibt.

05.11.2008
Peter hilft José Maria Calderón die Bewässerung umzulegen, indem er den einfachen kleinen Damm auf die andere Seite schaufelt und das Bächlein so umleitet. Unser Gastgeber ist begeistert von seinem neuen Helfer und meint, so würde das Ganze noch viel mehr Spass machen. Er lädt uns zu einem typischen Mittagessen ein, das auf „Chacras“ (kleinen Farmen) oft gekocht wird. Was für den schmackhaften Eintopf nicht frisch verfügbar ist kommt aus der Büchse: Vorgekochte Teigwaren, Erbsen, Kürbis, Kichererbsen, Mais, Tomaten, Linsen, Rüebli, Peperoni, Zwiebeln, Knoblauch, dickes Ei – wird alles gemischt und so serviert. Noch ein kleines Detail: Zum Trinken wird uns neben Wasser noch feiner Champagner angeboten, José Maria und seine Mafalda schlürfen diesen genüsslich aus ihren Wassergläsern.

Bereits am Vormittag sind Wolken aufgezogen, trotzdem beschliessen wir, anstatt mit dem Wohnmobil zur Quelle des Flusses „Arroyo de Telsen“ zu fahren, wieder einmal das Mountain Bike zu satteln. Dank des starken Rückenwinds geht es zügig aufwärts und nur ein paar Mal müssen wir kurz absteigen, weil der Sand so tief ist, dass wir stecken bleiben. Das Ziel erreichen wir allerdings nicht, denn nach einer Stunde Fahrt scheint es noch weit (die Angaben der Einheimischen sind nicht sehr aufschlussreich) und wir fahren auf dem Rückweg, wie bei unserem letzten gemeinsamen Ausflug in Sierra de la Ventana, wieder einmal in den Regen hinein. Nichts desto trotz hat es Spass gemacht und uns ein bisschen in Bewegung gebracht.

06.11.2008 - Telsen - Piedra Parada (Chubut-Tal)
400 km Naturstrasse und starker Gegenwind entlocken uns mehrmals die Worte: Gott sei Dank sind wir nicht mit dem Fahrrad hier. Mit Gepäck wäre es fast hoffnungslos gegen diese starken Elemente anzukämpfen. So begegnen wir denn unterwegs bis zu den ersten Ortschaften überhaupt kaum jemandem. In Rio del Sapo gelangen wir ins Chubut-Tal, das wir bereits auf unserer letzten Reise kennengelernt haben. Was allerdings neu ist, ist die Brücke beim Piedra Parada. Diese wurde erst im Dezember 2007, also einen Monat nach unserem Besuch im November, eröffnet. So können wir trockenen Fusses auf die andere Seite des Flusses gelangen.

07.11.2008 - Piedra Parada - Esquel
Auf der zweieinhalbstündigen Wanderung durch die nahe Schlucht „Cañadon de la Buitrera“ (Weidegrund der Geier) sehen wir keine Geier sondern stellen fest, dass andere Vögel hier das Regime übernommen haben. Wir reisen wir gegen Mittag ab und schon bald zieht ein starker Wind auf. Das Städtchen Gualjaina wird vom Staubschleier beinahe verhüllt und weiter westlich peitscht uns der Wind gewaltige Sandwolken gegen die Frontscheibe. In Esquel beginnt es dann zu regnen, beim Einkaufen stört uns das allerdings überhaupt nicht.

Wir übernachten auf einem unbebauten Gelände mitten im Ort, weil wir unser Fahrzeug auf dem nassen Campingplatz vom „La Colina“ (Hügel) nicht gerade hinstellen können und der Preis im Vergleich zum letzten Jahr sowieso viel zu hoch ist.

08.11.2008 - Esquel - Bahía Rosales, Nationalpark Los Alerces
Die ganze Nacht hat es fast ununterbrochen geregnet und die umliegenden Berge sind sogar bis tief hinunter verschneit. Weil es im Laufe des Tages abzutrocknen beginnt fahren wir am Nachmittag an den Lago Futalaufquén im Alerce-Nationalpark und beginnen gleich mit Holz sammeln und sägen. Vielleicht ist es ja schon morgen so schön, dass wir unser erstes Feuer entfachen und wieder einmal feines Brot backen können.

09. - 11.11.2008 - Bahía Rosales
Am Sonntag ist es leider noch immer nasskalt und Wolkenverhangen. Wir verbringen fast den ganzen Tag lesend im warmen Wohnmobil und erkunden lediglich die nähere Umgebung, die dabei ist ein paar Neuerungen zu erfahren. So soll es bereits in dieser Saison (ab ca. Mitte Dezember) auf dem Campingplatz wo wir stehen, neue sanitäre Anlagen geben. Diese sind schon zum grössten Teil fertiggestellt, es fehlen noch Kleinigkeiten wie Lavabos, WC-Türen oder Türgriffe an den Eingangstüren. Die Wasserhahnen an den Aussen-Lavabos sehen jedoch alle ein bisschen anders aus, aber das ist wohl Detail.

Montag. Nachdem sich die Morgennebel aufgelöst haben ist der Himmel strahlend blau. Das Feuerholz ist furchtbar nass und wir witzeln, dass man damit höchstens Rauchzeichen aber keineswegs eine anständige Glut zustande bringt. Trotzdem gelingt das erste Campofen-Brot makellos und wir verzehren es noch warm gleich zum Mittagessen.

Peter steigt aufs Velo, er will sich unbedingt sportlich betätigen – und vergisst vor lauter Enthusiasmus wieder einmal, seinen bereitgestellten Energiedrink mitzunehmen.

12.11.2008 - Bahía Rosales - Puerto Cañero
Wir entfachen ein letztes Feuer an diesem sensationellen Platz und backen nochmals zwei fein duftende Brote, dann ist es Zeit zu gehen. Vielleicht finden wir am Lago Rivadavia nochmals ein lauschiges Plätzchen wo wir ein paar Tage verweilen können. Astrid und René, die auch in Punta Pardelas gestanden hatten, sind bereits ein paar Tage da und geniessen das Alleinsein. Wir müssen uns wegen unserer Grösse etwas näher bei der Zivilisation hinstellen - ja, schön wäre es auch hier, doch der Baulärm eines neuen Sanitärhauses stört die friedliche Idylle. Deshalb ziehen wir nach nur einer Nacht wieder weiter.

13.11.2008 - Puerto Cañero - Lago Puelo
Die überall aufgestellten Campingverbot-Schilder im Lago Puelo Nationalpark ignorieren wir für einmal geflissentlich. Der Campingplatz ist noch geschlossen und auf dem Parkplatz beim Restaurant gefällt es uns nicht so gut. Ausserhalb der Saison scheint man hier zu tolerieren, dass sich der eine oder andere nicht an die Vorschrift hält. Schön für uns, denn die Lage ist einmal mehr traumhaft.

15.11.2008
Endlich schaffen wir es einmal, unsere Fahrräder bei schönstem Wetter zu besteigen. Im 18 km entfernten El Bolson ist Samstags-Markt. Das Städtchen ist voll von Althippies und Alternativen. Auf dem Markt werden vor allem Schmuck und viele Holzsachen angeboten, auch Strickwaren wie zu Grossmutters Zeiten sind zu kaufen. Ein junger Deutscher erzählt uns, er hätte gegen Kost und Logis ein Weilchen auf einer alternativen Chacra mitgeholfen. Da wird prinzipiell nichts weggeworfen sondern wiederverwertet. So haben sie zum Beispiel aus einfachen Plastikflaschen ein Gewächshaus aufgebaut und wir sind überzeugt, dass sie sich Gedanken darüber gemacht haben, dass dieses nicht dem unerbittlichen Patagonienwind zum Opfer fallen wird.

16.11.2008
Bei der kurzen Wanderung zum Aussichtspunkt über dem See verzaubern die feinen Blütendüfte unsere Sinne und während ich noch die prächtigen Farben der Blumen zu verewigen versuche vergesse ich alles um mich herum. Derweil fragt sich Peter, schon längst auf dem Aussichtspunkt angekommen, wo ich denn wohl wieder geblieben sei.

Am Sonntagmittag hören wir plötzlich Sirenengeheul und eine Lautsprecherstimme. Dem Ton nach zu urteilen handelt es sich nicht um einen Notfall sondern um ein Fest und wir beschliessen, sofort hinzugehen

Es ist ein traditionelles Volksfest und viele Gauchos sind mit ihren Pferden angeritten, ja sogar Ochsenkarren fahren auf. Als die Nationalhymne gespielt wird nehmen die Männer die Hüte ab und legen die rechte Hand aufs Herz. Nun werden alle Gruppen einzeln vorgestellt und begrüsst. Nach diesem offiziellen Festakt gibt es ein riesiges Asado - Fleisch vom Grill - so etwas haben wir noch nie gesehen. Die Würste werden gleich Ringweise gebraten, weiter hinten sind drei Lämmer aufgespannt und schmoren über der Glut. Der dritte Teil ist geprägt von Unterhaltung wie Rinder einfangen, singen und Pferde-Wettkämpfen.

17.11.2008 - Lago Puelo - Las Golondrinas (El Hoyo)
In El Bolson lassen wir das Oel der Aussenplanetengetriebe sowie der Vorder- und Hinterachsen wechseln. Pablo, ein Schreiner, hält an als wir warten und er verwickelt Peter in ein Gespräch. Dabei lädt er uns ein, auf seinem grossen Grundstück in Las Golondrinas zu übernachten.

18.11.2008 - Las Golondrinas - Piedras Blancas (am Cerro Otto)
In El Bolson fahren wir hinauf zum Aussichtspunkt, wo wir ins Tal des Rio Azul und bis zum Lago Puelo sehen. Ein bisschen weiter besuchen wir den “Cabeza del Indio”, einen Felsen, der mit seinem kleinen Tännchen auf dem Gipfel wirklich ausschaut wie ein Indianerkopf.

Auf der anschliessenden Fahrt nach Bariloche begeistert uns die Blütenpracht entlang des Weges. Die Farben gehen über violett, rosa und weissen zu gelb und gelbrot.

Kurz vor dem Gipfel des Cerro Otto liegt das Skigebiet Piedras Blancas, das sich für eine ruhige Übernachtung bestens eignet. Gegen Abend ziehen am entfernten Seeufer dunkle Wolken auf, doch diese entleeren sich beinahe komplett über dem See Nahuel Huapi. Wir kriegen keinen Tropfen davon ab und freuen uns, dass hier noch die Sonne scheint und wundenschöne Regenbogen erzeugt.

19.11.2008 - Piedras Blancas - Puerto Pañuelos (Llao Llao)
Das letzte Stück hoch zum Cerro Otto ist nicht weit und anstatt auf der miserablen Schotter-Strasse weiter hochzufahren wandern wir die zwei Kilometer ab unserem Übernachtungsplatz. Von hier aus haben wir trotz geschlossenem Panorama-Restaurant eine herrliche Rundumsicht auf die umliegenden Berge.

20.11.2008 - Puerto Pañuelos - Cerro Catedral
Peter hat gestern Abend fürs Frühstücksbuffet einen Tisch im 5*-Hotel Llao Llao reserviert. Wir schlemmen genüsslich und stellen uns aus der reichhaltigen Auswahl ein paar Leckerbissen zusammen. Daneben gefällt es uns natürlich, die Leute zu beobachten, die sich ein so teures Hotel leisten (können). Wir freuen uns zwar, wieder einmal verwöhnt zu werden, halten aber ganz klar fest, dass uns unser unbeschwertes Leben im Wohnmobil tausend Mal besser gefällt. Wir sind privilegiert, denn statt nur fünf Sternen geniessen wir meistens deren Tausende an Orten, wo es keine Hotels gibt.

1934 waren Patagonien und die Region um den Nahuel Huapi See noch unberührt und es wurde beschlossen, ein internationales Hotel mit Aussicht zu errichten um Gäste aus aller Welt anzuziehen. Das Hotel Llao Llao wurde nach Plänen des Architekten Alejandro Bustillo oberhalb des natürlichen Hafens „Puerto Pañuelo“ im Kanadischen Baustil erstellt und 1938 eröffnet. Bereits im darauf folgenden Jahr wurde es durch ein Feuer vollständig zerstört. Das neue Hotel öffnete 1940 und war bis 1978 Anziehungspunkt für Aristokraten, ausländische Regierungsbeamten, Diplomaten und andere bedeutende Persönlichkeiten. Gemäss einem Bild in der Fotogalerie hat im Jahre 1961 der damalige US-Präsident Dwight Eisenhower schon hier logiert. Nach einer 15jährigen Schliessung wurde es 1993 als Llao Llao Hotel und Resort wieder eröffnet. Mit seinem 18-Loch Golfkurs gehört es heute zu den 100 besten Hotels der Welt. Die Zimmer-Preise bewegen sich demnach in der Hauptsaison von 360 US $ an aufwärts. In der Nebensaison ist das günstigste mit etwas Glück bereits zu einem Schnäppchen-Preis von 210 US $ zu kriegen. Wer sich also einmal etwas ganz Spezielles gönnen möchte ist hier bestimmt gut aufgehoben, denn die Atmosphäre ist einzigartig, das Personal gut ausgebildet und äusserst zuvorkommend.

21.11.2008 - Cerro Catedral - Bariloche - Dinah Huapi
Ferienort Bariloche: Heute Vormittag sind wir nicht vorsichtig genug, obwohl wir unser Wohnmobil direkt an der viel befahrenen Strasse stehen lassen, und erleben, dass dreiste Diebe auch am helllichten Tag offenbar vor gar nichts zurückschrecken. Wir waren uns eigentlich ziemlich sicher, dass sich niemand an unseren massiven Türschlössern vergehen würde - doch in Bariloche gibt es offensichtlich ein paar ganz verzweifelte Halunken. Einbrechen konnte Gott sei Dank niemand - Glück im Unglück - doch die drei Hauptschlösser sind fürchterlich vermurkst und wir müssen einen Schlüsselservice organisieren, damit wir selbst überhaupt wieder hinein gelangen können. Anfänglich erscheint uns der Mann eigentlich ganz nett, doch gegen Abend stellen wir fest, dass er die Not der Touristen schamlos ausnutzt. 100 Euro oder 440 Pesos will er für eine Reparatur, die sich später als ziemlicher Murks herausstellt. Im Endeffekt bezahlen wir nach einer kurzen Diskussion 330 Pesos, die zwar immer noch einen Wucherpreis darstellen, aber für den „gesparten“ Betrag bekämen wir im Restaurant locker ein ausgezeichnetes Nachtessen für zwei.

Doch wie so oft hat jedes Übel auch immer etwas Gutes. Wir lernen Therese und Peter kennen, die soeben in Bariloche eingetroffen sind. Er ist Lastwagenmechaniker und kann bei der Reparatur gleich einige wichtige Argumente einfliessen lassen. Weil der schlaue Schlüsselservice-Mann ein paar Teile verliert legt Peter H. sogar selber Hand an und feilt eine etwas zu breite Unterlagscheibe mit viel Geduld auf einen grösseren Durchmesser aus. Dank seiner Hilfe kann die Beifahrertüre inzwischen von aussen geschlossen und geöffnet werden, darüber sind wir doch recht froh.

Zum Dank für die Hilfe laden wir Therese und Peter zum Nachtessen in unserem Wohnmobil ein. Dafür „müssen“ sie jedoch mit zu unserem Übernachtungsplatz in Dinah Huapi fahren. Dies hat wiederum den angenehmen Nebeneffekt, dass wir da nach unserem doch ziemlich aufregenden Tag nicht ganz alleine stehen.

Während der Reparatur bekommen wir auch einige weitere Geschichten zu hören. Der Besitzer vom „Chalet Suisse“ erzählt uns, er habe vor einem Jahr zwei Elektriker angeheuert, die ihm sogar noch empfohlen worden waren, und die ihn dann im eigenen Haus skrupellos Spitalreif geschlagen und beraubt hatten.

22.11.2008 - Dinah Huapi - Camping Petunia, Bariloche
Argentinier, die wir vor zwei Tagen in Llao Llao getroffen haben erzählen uns sie hätten auf dem Camping Petunia beim km 13.5 übernachtet und da hätte ein helles Schweizer Wohnmobil mit Aufstelldach gestanden. Wir müssen sowieso nochmals in die Stadt hinein und treffen auf dem Campingplatz Esti und Peti, die wir vor zwei Jahren am Geländefahr- und Buschmechanik-Kurs bei Ins kennen gelernt hatten.

Wir wollen an unserem Fahrzeug noch ein paar Sachen verbessern und am Montag gleich die notwendigen Ersatzteile organisieren. Auf dem Campingplatz können wir in Ruhe alles auspacken und per Telefon oder Skype nach Europa anrufen. Für Peter gibt es den angenehmen Nebeneffekt, dass er sich endlich wieder einmal ausgiebig unterhalten kann.

Esti kocht eine feine Suppe für alle sechs Schweizer und wir benutzen die Gelegenheit der Feuerstelle, etwas Feines zu grillen. Trotz bissiger Kälte sitzen wir bis tief in die Nacht beisammen um Erlebnisse auszutauschen

23.11.2008
Gestern war es so gemütlich, dass wir das Zusammensein gleich nochmals wiederholen.

24.11.2008
Peter montiert heute die neuen Sicherheitsschlösser an den Türen und ist nun wieder viel ruhiger, denn die Einbruchgeschichte hatte ihm einen argen Dämpfer versetzt.

Und das Grillen geht mit einer jungen Franzosenfamilie, die ihr Fahrzeug in Ecuador von Charlotte und Alexandre, die wir auch kennen, gekauft hatten. Caroline, Stephane, Manon, Romane & Thomas sind auf Weltreise und weil Caroline in London im Fair Trade-Business tätig war besuchen sie viele Fair-Trade-Kooperativen.

25.11.2008 - Bariloche - Lago Traful
Einzigartige Frage eines Arbeiters auf dem Camping Agreste: „Besitzt dieser Camion zwei Lenkräder?“ Ups, sein Arbeitskollege hatte ihm diese Idee in den Kopf gesetzt - vermutlich weil Peter hingefahren ist und ich dann das Fahrzeug nach seinen Anweisungen an den von ihm ausgesuchten Platz manövriert habe.

26.11.2008 - Lago Traful - Villa Llanquin
Wir campieren an den Gestaden des malerischen Rio Limay. Den Fluss können wir nur zu Fuss überqueren, denn die Fähre transportiert lediglich ein Maximalgewicht von 5 Tonnen. Schade.
Hernan und Silvia, die wir hier besuchen wollen, kommen kurz vor 19.00 Uhr an. Dann nämlich macht der Fährmann Feierabend. Sie laden uns zu einem feinen Drink ein - Nectarinen und Eiswürfel werden zusammen mit Wasser und Zucker fein püriert und als erfrischender Apéro serviert. Vor dem Eindunkeln wollen wir jedoch wieder bei unserem Wohnmobil sein, weshalb wir schweren Herzens auf die Einladung zum Nachtessen verzichten müssen.

27.11.2008 - Villa Llanquin - Villa La Angostura
Hernan und Silvia haben heute keine Zeit oder Lust zur Höhle, von wo aus die Kondore zu beobachten sind, zu wandern. Es wäre eine Ganztages-Tour und sie würden uns die GPS-Daten übergeben, doch ohne die beiden macht es uns auch keinen Spass und so schauen wir uns in ihrem schmucken Häuschen selbst aufgenommene Videos von Kondoren und Orcas an. Zudem zeigen sie uns ein paar ihrer hervorragenden Fotos. Sie wollen bis Ende Jahr einen prächtigen Bildband drucken und nächstes Jahr damit auf Promo-Tour durch Argentinien reisen. Die kurze Vorschau ist genial und wir freuen uns schon heute darauf, Hernan und Silvia irgendwo wieder zu treffen, um von ihnen ein möglichst druckfrisches Exemplar zu ergattern. Die Fotos sind an und für sich schon toll, doch wenn man die Fotografen persönlich kennt und einige Geschichten von ihnen hört, bekommen die Bilder einen noch viel höheren Stellenwert.

28.11.2008
Nach einer ruhigen Nacht am Hafen von Villa La Angostura nehmen wir vor dem Grenzübertritt nach Chile nochmals kurz mit unserer Heimat Kontakt auf. Dabei klopft es plötzlich an unsere Tür und ein älterer Mann heisst uns in Französich herzlich willkommen. Er hat einen Termin mit einem Fernsehreporter aus Buenos Aires und hat sich frühzeitig zu diesem Treffen eingefunden. Wir laden Jean-Pierre, einen Belgischen Motorrad-Trial-Meister, zu einer Tasse Tee ein, denn ihm bleiben noch zwanzig Minuten bis drei Uhr. Das Gespräch, übrigens in Spanisch, ist derart interessant, dass er dabei glatt seinen Termin verpasst. Plötzlich klopft es nämlich schon wieder bei uns und seine Frau, die Jean-Pierres Auto vor dem unsrigen stehen sieht und folgerichtig kombiniert, erinnert ihn an seine Verpflichtung. Er lädt uns ein, auf seinem riesigen Grundstück, 3 km vom Zentrum entfernt, zu übernachten. Vorher besuchen wir jedoch noch „seine“ Skistation, den Cerro Bayo. Vor dreissig Jahren nämlich hat er begonnen, nach dem Vorbild des Cerro Catedral in Bariloche, dieses etwas kleinere Skigebiet aufzubauen.

Seine Geschichte ist im Jahre 2003, grob gefasst, in einem 57seitigen Büchlein gedruckt worden. Leider ist der Autor kurz nach Beginn seiner Recherchen verstorben, weshalb auch nur der Anfang ausführlich und einfach nachvollziehbar festgehalten wurde.

Jean-Pierre erzählt uns innert kürzester Zeit sein halbes Leben und wir lauschen gespannt seinen interessanten Ausführungen. Kein Wunder, dass ihn seine Tochter drängt, das ganze in ein Buch zu fassen, denn seine Geschichte ist die eines Menschen, der von Kind auf die Herausforderung suchte und noch heute nicht so schnell locker lässt.

1961, als Jean-Pierre Raemdonk aus Belgien mit seinem ehemaligen Reisefreund nach Villa La Angostura auswanderte gab es gerade einmal 50 Einwohner, drei Autos und zwei Lastwagen - heute sind es etwa 15’000 Einwohner. Sein Reisefreund begab sich bald darauf ins Kloster und wurde Mönch. Er hingegen gründete mit einem neuen Freund und einem soeben angekommenen jungen Belgier das Restaurant „Los 3 Mosqueteros“, das heute, natürlich vollkommen erneuert aber immer noch unter dem gleichen Namen, von seinem Bruder geführt wird. Im Winter gab es allerdings nicht viel zu tun und deshalb entstand 1971 die Idee, auf dem Cerro Catedral Waffeln zu verkaufen.
So führte das eine zum anderen und bereits in den Jahren 1974 – 1978 wurde auf Initiative von Jean-Pierre das Skizentrum Cerro Bayo geboren. In den Anfängen kamen bis zu 50 Skifahrer täglich und innert 30 Jahren sind immer neue Sessellifte (alte aus der Schweiz) dazu gekommen um die Kapazität von inzwischen 3'500 Skifahrern täglich zu bewältigen.

Vor einem Jahr nun ist dem heute siebzigjährigen Jean-Pierre und seiner Familie die Lust gänzlich vergangen. Was war passiert? Die korrupten Politiker der Provinz Rio Negro verlangen ganz plötzlich eine „Abgabe“ von 8 %. Neben den regulären Steuern von über 30 % wollen sie das Geld einkassieren ohne dafür eine Quittung auszustellen, so dass es einfach vom Verdienst ab geht. Daraufhin hat Jean-Pierre alles verkauft und die bereits aus der Schweiz gekaufte Gondelbahn (zwei Mal 3 Gondeln und Kabel) zum Alteisenhändler gebracht. Dieser hat ihm im April, als für Alteisen Höchstpreise bezahlt wurden, für die 50 Tonnen „Schrott“ 25'000 Franken bezahlt. Heute bekäme er dafür nicht einmal mehr einen Fünftel.

Aber Jean-Pierre ist unermüdlich, so hat er heute sein Fahrzeug bereits wieder beladen um morgen früh nach Dinah Huapi zu fahren, wo er an einem neuen Projekt tätig ist. Worum es sich dabei handelt hat er uns allerdings nicht verraten - die Zeit ist uns wieder einmal davon gerannt. Denn schliesslich müssen wir heute abend auch noch schnell alle seine Antiquitäten bestaunen, den Schneetöff aus dem Jahre 1960, den Traktor mit Stahlrädern, den noch voll funktionstüchtigen antiken Magirus Deutz mit Kran drauf - kurz und bündig: ein liebevoll chaotisches Museum.

Falls die Grenzbeamten nicht streiken fahren wir morgen über die Grenze nach Chile, von wo es dann hoffentlich auch etwas Interessantes zu berichten gibt.

© by Peter und Ruth Zaugg | Das Kopieren und/oder Weiterverwenden von Inhalten ist untersagt. | Website © 2003-2021 by x1024.ch